Ein Plädoyer für das Evangelium auf der Straße

Jesus sagt: „Geht hin in alle Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ Markus 16,15

Vor kurzem hatten wir einen Gast im Junge Erwachsene Treff und er stellte uns folgende Frage: Wann habt ihr das letzte Mal jemandem von Jesus erzählt?

Wenn man in dem Moment hätte Gedanken lesen können, wäre vermutlich öfters aufgetaucht: „Ups, erwischt – das könnte peinlich werden.“ Jeder von uns antwortete reihum. Bei manchen war es nicht lange her. Bei manchen schon länger. Bei mir war es vier Monate her. Hm…vier Monate, seitdem ich mit einem Nichtchristen über Jesus gesprochen habe – die Tatsache hat mir nicht gefallen. Und ich wollte, dass es anders wird.

Also bin ich an Karfreitag und Karsamstag zu einem Straßeneinsatz gegangen – was ich lange Zeit als uneffektiv und nicht passend für Deutschland eingestuft habe. Aber um ehrlich zu sein: Diese Einschätzung kam nicht aus eigener Erfahrung, sondern eher aus Scheu und Vorurteilen. Doch siehe da – man kann mit Leuten auf der Straße ins Gespräch kommen. Es mag Überwindung kosten, aber es ist möglich. Manche wollen vielleicht nicht angesprochen werden und dann muss man es ja auch nicht tun. Andere sind gesprächsbereit, aber lehnen die Botschaft ab – was nicht bedeutet, dass ein solches Gespräch umsonst wäre. Doch es gibt auch Menschen, die offen sind, die gerne für sich beten lassen oder die sogar auf der Straße zum Glauben an Jesus kommen und dann mit einer Gemeinde in Verbindung gebracht werden können. Ein Gespräch, in dem es dann zum Gebet für denjenigen oder sogar zu einer Bekehrung kam, hatte ich persönlich bei dem Einsatz zwar nicht, aber andere Teilnehmer haben es erlebt.

Der Einsatz war vorbei. Am Ostersonntag spielte ich mit einem Bekannten im Park Tischtennis. Ein Mann sah uns dabei zu. Als wir fertig waren, fragte er mich, ob ich auch mal gegen ihn spielen wolle. Mein Bekannter wollte jedoch nach Hause und musste die Schläger mitnehmen. Also musste ich leider absagen. Aber ich hatte den Eindruck, dass ich ihn noch mal ansprechen soll. Daraus entwickelte sich ein längeres Gespräch und wir konnten über einige Dinge sprechen, die ihm Mühe machten, an Jesus zu glauben. Es schien mir, dass dabei ein paar Denkhindernisse für den Glauben aus dem Weg geräumt werden konnten. Ist er an dem Abend zum Glauben an Jesus gekommen? Nein. Aber er fand unser Gespräch gut. Und vielleicht war es ein kleiner Baustein auf seinem Weg zum Glauben an Jesus. Als ich heimfuhr, hatte ich große Freude im Herzen. Und ich glaube, das wäre nicht passiert, wenn ich nicht vorher auf der Straße „trainiert“ hätte. Kurze Zeit später hat es uns auch mit dem Junge Erwachsene Treff auf die Straße getrieben, um für den Alphakurs einzuladen und von Gottes Liebe zu singen. Während wir gesungen haben, haben andere eingeladen und Gespräche geführt. Ob die Leute zur Gemeinde oder zum Alphakurs kommen werden, ist noch offen. Aber ihnen hat die Musik gefallen und wir hatten selbst viel Freude dabei.

Straßenevangelisation wird oftmals mit Skepsis betrachtet und mit dem Kommentar beiseite geschoben: „Das ist nicht mein Ding.“ Ich finde, man sollte es wenigstens mal versuchen – nicht nur einmal, sondern ein paar Mal – und prüfen, ob die eigenen Einwände wirklich zutreffen. In den vergangenen Jahren wurde Evangelisation fast ausschließlich auf die persönlichen Beziehungen beschränkt. Ich frage mich, ob das Christentum in den ersten Jahrhunderten so stark gewachsen wäre, wenn dies der primäre Weg der Evangelisation gewesen wäre. Sei es Jesus, Paulus oder die anderen Apostel – sie alle haben das Evangelium weit gestreut und erwartet, dass dabei Menschen zum Glauben kommen. Das soll nicht heißen, dass Straßenevangelisation der einzige Weg ist, die frohe Botschaft zu verbreiten. Es gibt sicher viele Wege: Internetseiten & Blogs, Konzerte, Veranstaltungen, persönliche Beziehungen, diakonische Dienste. Aber ein Weg ist der unmittelbare Kontakt mit Menschen auf der Straße. Und ich meine: Diesen Weg gilt es wieder zu entdecken. Es mag sein, dass in einigen Leuten unter uns Gaben schlummern, die auf der Straße zum Vorschein kommen, z.B. Musik, Theater, seelsorgerliche Gaben, evangelistische Gaben, Barmherzigkeit, Dienen. Ich habe mir zumindest vorgenommen, dass ich in Zukunft öfter mit anderen gemeinsam auf die Straße gehen möchte. Wer es auch gerne mal ausprobieren möchte, kann sich gerne bei mir melden.

Thomas Arhelger