Neuland

„Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ So sagt es ein deutsches Sprichwort. Gott war offensichtlich anderer Ansicht: 75 Jahre war Abraham alt als Gott zu ihm sagte: „Geh aus deinem Land und aus deiner Verwandtschaft und aus dem Haus deines Vaters…“ Und wohin? „…in das Land, das ich dir zeigen werde.“ – Seien wir ehrlich, wir wollen es lieber etwas genauer wissen, oder? Stellen wir uns vor, wie Abraham am Abend mit seiner Frau Sara spricht: „Sara, packe unsere Sachen zusammen. Wir gehen weg – weg von unserem Land und von unserer Verwandtschaft.“ – „Wo gehen wir hin?“ fragt sie. „Ich weiß es nicht. Das werden wir dann sehen.“ Und dann stellt sie eine Frage, die schon so mancher Ehemann von seiner Frau gehört hat: „Woher wollen wir dann wissen, wenn wir uns verlaufen? Wen sollen wir dann nach dem Weg fragen?“ – „Wir werden uns nicht verlaufen. Gott wird uns den Weg zeigen.“ – „Was für ein Gott?“ fragt Sara. Sie kannte den Gott Abrahams noch nicht. Das wäre die einzige Reise in der Geschichte, wo eine Frau fragt: „Wo um alles in der Welt sind wir?“ und ihr Mann antwortet: „Das weiß nur Gott“ – und er würde buchstäblich die Wahrheit sagen.

Langjährigen Christen mag die Geschichte von Abraham so vertraut sein, dass wir übersehen, wie herausfordernd dieser Ruf Gottes ist. Ein Ruf in unbekanntes Land. Vertrautes hinter sich lassen. Aufbruch ins Ungewisse. Die einzige Gewissheit ist das Versprechen Gottes: „…das Land, das ich dir zeigen werde.“ Die einzige Sicherheit also ist Gott selbst. Die Entscheidung lautet: „Vertraust du mir? Ist mein Versprechen genug?“

Mancher hat vielleicht die Vorstellung, Wachstum im Glauben bedeute, dass man mehr über die nächsten Schritte weiß, die Gott mit einem gehen möchte und demzufolge mehr Infos von Gott bekommt, was mit den nächsten Schritten verbunden ist. Aber stimmt das? Kann es nicht sein, dass es genau andersherum ist? Dass Wachstum im Glauben bedeutet, mutigere Schritte des Glaubens zu wagen, obwohl man nicht so viele Infos hat, wie man sich gerne wünscht? Dass man Schritte des Glaubens geht – eben nicht, weil man all die Details kennt, sondern weil man Gott kennt? Wachstum im Glauben wird uns nicht weniger von Gott abhängig machen, sondern mehr.

Nun war das nicht das Einzige, was Gott dem Abraham gesagt hat. Er hatte ihm auch versprochen, dass er Abraham segnen und zu einem großen Volk machen wird und dass alle Völker der Erde durch ihn gesegnet werden. Aber auch dieses Versprechen erforderte Vertrauen: Abraham war zu dem Zeitpunkt 75, seine Frau Sara war 65, sie hatten kein Kind – und gerade durch sie sollte ein großes Volk entstehen? Menschlich gesehen undenkbar. Aber sie brechen auf und betreten Neuland – und Gott hat dieses Vertrauen belohnt.

Wir brechen im Mai als Gemeinde auf: Aufbruch Gemeinschaft. Wir betreten Neuland und noch wissen wir nicht, wie es genau aussieht, wo die genauen Treffpunkte liegen und was uns erwartet. Das mag bei manchen Begeisterung auslösen und bei anderen ein mulmiges Gefühl. Das ist ok. Wir wissen auch nicht, wie Abraham gefühlt hat, sondern wir erfahren wie Abraham gehandelt hat: Er ist im Vertrauen auf Gott Schritte gegangen. Wir betreten Neuland. Gott muss uns führen. Unsere Sicherheit liegt in Ihm – das erfordert unser Vertrauen auf Ihn, unsere Abhängigkeit von Ihm und unsere Hingabe an Ihn. Und ich meine – wie immer auch das Neuland aussieht – wenn es uns dahin führt, Gott mehr zu vertrauen, Ihn tiefer zu lieben und von Ihm stärker abhängig zu sein, dann ist es den Aufbruch wert.